Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) by Silvia Kaffke

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) by Silvia Kaffke

Autor:Silvia Kaffke [Kaffke, Silvia]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Tags: Belletristik/Historische Kriminalromane
Herausgeber: Rowohlt (com)
veröffentlicht: 2009-10-04T22:00:00+00:00


Am Nachmittag des 24. Mai machte sich Lina mit ihren Zeichnungen und Stoffmustern auf den Weg zum Haus von Dr. Erbling. Irgendetwas war anders in der Altstadt heute. Sie war immer laut und geschäftig, aber das erinnerte an das Summen eines Bienenschwarms. Doch heute hatte sich eine merkwürdige Unruhe über alles gelegt.

Auf Höhe des alten Weidetores standen drei Leute der Bürgerwehr, die Lina nicht kannte, in ihrer Schützenuniform. Sie schienen alle, die die Altstadt verließen, zu kontrollieren. In einer Gasse erkannte sie den Sergeanten Ebel mit einem Polizeidiener, in einer anderen herrschte helle Aufregung, mehrere aufreizend gekleidete und grellgeschminkte Frauen standen auf der Straße, dazwischen ein paar Männer, von denen einer noch in seine Hosen stieg.

Die ganze Kleine Straße entlang, wo es viele Wohnhäuser gab, in denen ganze Familien in einem Zimmer hausten, standen Menschen auf der Straße und sprachen aufgeregt miteinander.

«Was ist denn heute los?», fragte Lina Frau Erbling, als sie das Haus betrat.

«Die Polizei sucht jemanden. Sie gehen in jedes Haus, sogar hier sind sie gewesen, aber gleich wieder gegangen.» Frau Erbling wirkte noch ein wenig erschüttert, die Polizei im Hause gehabt zu haben, so kurz es auch gewesen sein mochte.

Ihr Mädchen nahm Lina ihren Schal, den Hut und den Stock ab, dann stiegen sie und die Hausherrin hinauf in die erste Etage, denn unten befand sich neben der Praxis des Doktors nur die Küche.

Der Salon der Erblings war klein, aber gemütlich eingerichtet. Lina war erstaunt, dass sie nicht die einzige Besucherin war. Auf dem Sofa saß eine kleine hagere Frau mit einer auffallend spitzen Nase. Vor ihr auf dem Tisch lagen ausgebreitet Spielkarten, Lina dachte zunächst, sie hätte eine besonders komplizierte Patience gelegt, aber dann sah sie, dass dies keine üblichen Spielkarten waren: sie trugen bunte Bilder, die eigentliche Karte war verkleinert darauf abgebildet, und es gab auch einen französischen Spruch.

Lina hatte zwar bisher noch nie Wahrsagekarten gesehen, doch ihr war sofort klar, dass hier eine Kartenlegerin am Werk war.

«Fräulein Kaufmeister, das ist Madame Allenberg, die berühmte Kartenlegerin.» Frau Erbling sprach den Namen französisch aus, und die Dame nickte Lina zu. «Sehr erfreut», sagte sie mit französischem Akzent.

«Sagen Sie bloß meinem Mann nichts davon, dass die Madame hier Karten legt.» Frau Erbling zwinkerte ihr verschwörerisch zu. «Er hält gar nichts davon.»

Lina hätte ihr gern gesagt, dass sie da ganz seiner Meinung war, wollte aber weder ihre Auftraggeberin noch die Französin beleidigen.

«Wäre es schlimm, wenn sie die Legung für mich erst beendet, bevor wir uns den Entwürfen zuwenden?», fragte Frau Erbling. «Ich bin froh, dass ich diesen Termin bekommen konnte.»

«Sicher nicht», sagte Lina. «Ich höre gern zu, wenn es nicht zu privat ist.»

«Wo denken Sie hin.» Frau Erbling lachte. «Früher war das unser liebstes Vergnügen, wenn wir uns im Salon trafen. Aber mein Mann ist da sehr streng, deshalb habe ich nur noch selten Gelegenheit, mir mein Schicksal deuten zu lassen.»

So hörte sich Lina eine Weile die Erklärungen der Kartenlegerin an. Sie sprach von Nachrichten, von einem Kind, das möglicherweise schon bald unterwegs sein würde, und kleinen Querelen mit dem Ehemann, einer wichtigen Einladung und vielem mehr.



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